Faktencheck: Gefährden Katzen den Bestand der Singvögel?

Sie werden als „Killer“ betitelt, sollen ganze Vogelarten ausrotten und Jäger wollen sie schießen, doch ihre Verteidiger sagen: alles Blödsinn, sie sind harmlos. Doch welchen Schaden richten Katzen in der heimischen Vogelwelt wirklich an?

Die Zahlen sind ungenau, aber alarmierend

Einfach wird es nicht sein, eine Antwort auf diese Frage zu finden: 2013 wurde in den USA eine Studie veröffentlicht, nach der dort jedes Jahr zwischen 1,4 und 3,7 Milliarden Vögel den Katzen zum Opfer fallen; entsprechende Schätzungen für Deutschland gehen von 200 Millionen toten Vögeln aus. Eine Zahl, die der Vogelexperte Lars Lachmann vom NABU für viel zu hoch hält: „Ausgehend von nach der Brutzeit etwas mehr als 400 Millionen Vogelindividuen in Deutschland müsste dann jeder zweite Vogel von Katzen getötet werden. Geht man dazu davon aus, dass Katzen meistens im Siedlungsbereich jagen, müsste nach diesen Zahlen dort jeder Vogel von Katzen gefressen werden.“

Die Universität Kiel gibt an, dass die Beute von Freigängerkatzen zu zwanzig Prozent aus Vögeln besteht. Zusammen mit Untersuchungen von Schweizer Wissenschaftlern, die errechneten, dass Katzen im Jahr durchschnittlich 25 Vögel fangen und töten, ergibt sich eine realistischere Schätzung von zehn bis 20 Millionen Vögeln, die den Samtpfoten jährlich zum Opfer fallen. Hinzu kommen allerdings noch einmal die Tiere, die verwilderte Katzen jagen, um zu überleben. Ihre Zahl ist schwer zu schätzen, da sie sich nur selten dem Menschen zeigen, deutschlandweit sind es aber mindestens zwei Millionen.

Katzen sind nicht die einzige Gefahr für Singvögel

Vogelliebhaber werfen Katzenbesitzern vor, dass ihre Tiere den heimischen Vogelbestand reduzieren würden und zum Aussterben von Arten führen. Ausgestorbene Arten gehen aber nur dort auf das Konto von Katzen, wo sich keine anderen Raubgreifer aufhalten, die mit den Katzen konkurrieren, wie beispielsweise in Neuseeland. Der Rückgang heimischer Singvögel lässt sich ebenso auf die Intensivierung der Landwirtschaft und den Wegfall geeigneter Brutplätze zurückführen. Katzen jagen nicht nur kranke und alte Tiere, die auch anderen Räubern zum Opfer fallen könnten, sondern auch viele Jungtiere. Beobachtungen in einer schleswig-holsteinischen Heckenlandschaft zeigen, wie Katzen und Füchse jede Saison vier von fünf Nestlingen des Rotkehlchens raubten und der Bestand nur durch Zuwanderung aus weniger bejagten Gebieten bewahrt wurde.

Was kann für die Singvögel getan werden?

Der Vorwurf, Katzen schaden der Singvogelpopulation, ist also nicht aus der Luft gegriffen. Da es aber in keiner Weise artgerecht ist, zukünftig alle Freigängerkatzen zu Wohnungskatzen umzuerziehen, muss ein Kompromiss gefunden werden.

Das vielzitierte Glöckchen am Halsband eignet sich nicht: Zum einen belästigen diese die Jäger mit den empfindlichen Ohren, zum anderen werden nur erfahrene Vögel gewarnt, junge können nicht schnell genug auf das Geräusch reagieren. Futterhäuser oder Wassertränken sollten so aufgestellt werden, dass sie eine gute Sicht auf die Umgebung bieten. Auch Nistkästen müssen für Katzen unzugänglich aufgehängt und an Bäumen mit sogenannten Katzenabwehrgürteln gesichert werden. Das wichtigste ist aber die Kastration von Kater und Katze, denn diese hemmt manchmal den Jagdtrieb und sorgt auf lange Sicht dafür, dass die Zahl verwilderter Katzen nicht weiter zunimmt.

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