Bei der Recherche zur Pflanzenauswahl für einen möglichst naturnahen Garten treffe ich immer wieder auf den erhobenen Zeigefinger: Nur heimische Gewächse soll ich nehmen, bloß keine exotischen Pflanzen! Das wäre geradezu Umweltfrevel.
Heimische Pflanzen sind erste Wahl
Die Verfechter der „reinen“ Lehre haben viele gute Argumente: So sind beispielsweise die rund 560 heimischen Wildbienenarten auf ganz bestimmte Wildpflanzen spezialisiert, ohne die sie verhungern würden. Ein solcher Vertreter ist die Natternkopfmauerbiene, die den heimischen Natternkopf braucht. Das ist eine wunderschön blau blühende Pflanze für trockene, sonnige Gartenbereiche, deren Ausbreitungsdrang auch nicht übermäßig ist. Und nicht nur Insekten profitieren – heimische Pflanzen sind mit ihren Trieben, Blättern und Früchten auch für Vögel und kleine Säugetiere eine wertvolle Nahrungsquelle.
Exotische Pflanzen – differenziert betrachtet
Aber lässt sich die Pflanzenwelt wirklich so einfach in Gut und Böse unterteilen? Auch bei heimischen Pflanzen gibt es züchterische Auslesen mit gefüllten Blüten, die auf Kosten von nektarproduzierenden Staubgefäßen gebildet wurden und daher für Insekten praktisch wertlos sind.
Die meisten heimischen Pflanzen blühen zudem im Frühjahr, dann gibt es für die noch relativ wenigen Insekten reichlich Nahrung. Im Sommer entsteht dann oft eine paradoxe Situation: Bienen, Hummeln und Schmetterlinge haben sich reichlich vermehrt, aber nun gibt es zu wenige Blütenpflanzen. Hier können exotische Pflanzen, die Nektar und Samen produzieren und im Sommer und Spätsommer blühen, die letzte Rettung sein. Beispiele sind reich blühende Pflanzen wie Bartblume, Koreaminze (beide Asien) bzw. Duftnessel (Nordamerika) oder Roseneibisch (China) und die Kupferfelsenbirne (Nordamerika, Früchte schon im Sommer) und viele andere mehr.
Die Mischung macht‘s
Gärtner sollten sich daher überlegen, ob sie wirklich eine Forsythie (kein Nektar) wie der Nachbar haben müssen. Eine Alternative wäre da beispielsweise die Winter-Duft-Heckenkirsche (aus China), die hellgelb im zeitigen Frühjahr blüht und sowohl Augen- als auch Bienenweide ist.
Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass die genannten Pflanzen (und andere) von zahlreichen Hummeln und Wildbienen besucht werden und die Früchte der Felsenbirne bei allen Vögeln sehr beliebt sind. Auch kann ich jeden Gärtner verstehen, der eine Schwäche für bestimmte Pflanzen hat, egal woher sie stammen.
Daher ist es wohl wie immer im Leben: Dogmatismus hilft nicht weiter. Mit einer Mischung aus heimischen und ausgewählten exotischen Pflanzen lässt sich ein schöner und ökologisch wertvoller Garten gestalten. Ein echtes Tierparadies Garten also!